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Auf der Kammerversammlung referierte Dr. Bettina Mecking, Justiziarin und Geschäftsführerin der AKNR, umfassend zu den juristischen Verfahren, die die Kammer führt. Schwerpunktmäßig geht sie gegen ausländische Versender vor, die sich nicht an die Regeln halten, die für Apotheken in Deutschland sowie im Ausland, die in Deutschland Verbraucher versorgen wollen, gleichermaßen gelten, sowie gegen neuartige Plattformen, die den direkten Kontakt zwischen Patienten und Arzt überflüssig machen und Lifestyle-Medikamente per Fragebogen zur Verfügung stellen. Um Fehlentwicklungen konsequent entgegenzuwirken, verabschiedeten die Delegierten der Kammerversammlung eine Resolution, die der Politik nun konkrete Maßnahmen vorschlägt.
Beschlossen von der Kammerversammlung der Apothekerkammer Nordrhein am 11. Juni 2025
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens bringt zahlreiche Chancen, birgt aber auch erhebliche Risiken, insbesondere im Bereich der Arzneimittelversorgung und der Vermittlung medizinischer Dienstleistungen über Online-Plattformen. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre zeigen, dass bestehende Regelungen nicht ausreichen, um eine faktische Aushebelung der Verschreibungspflicht, ein enormes Missbrauchsrisiko und damit einhergehende Gefahren für die Volksgesundheit wirksam zu unterbinden.
Die Kammerversammlung der Apothekerkammer Nordrhein fordert den Gesetzgeber daher auf, durch gesetzgeberische Maßnahmen gezielt gegenzusteuern und den Auswüchsen des unzulässigen Arzneimittelvertriebs im Internet effektiv zu begegnen.
Die Kammerversammlung sieht im Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die wirksamste Maßnahme zur Sicherung des Patientenschutzes. Ein solches Verbot ist europarechtskonform und entspricht der Praxis in den meisten EU-Mitgliedstaaten.
Sollte der Gesetzgeber diese umfassende Lösung nicht umsetzen, hält die Kammerversammlung es für unabdingbar, durch ergänzende Maßnahmen dennoch ein hohes Patientenschutzniveau sicherzustellen. Diese Maßnahmen stellen keine Abschwächung der Forderung nach einem Versandhandelsverbot dar, sondern sind als flankierende Regelungen auch im Falle seiner Einführung sinnvoll und notwendig.
Verbot der Belieferung von Verschreibungen, die offenkundig nur auf der Grundlage eines Fragebogens basieren
Es wird vorgeschlagen in § 48 Abs. 1 S. 2 AMG ein Abgabeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel festzuschreiben, wenn die ärztliche Verschreibung offenkundig nur auf der Basis eines Fragebogens erfolgt ist.
Eine ähnliche Regelung gab es für analoge ärztliche Verordnungen bereits zwischen dem 24.12.2016 und dem 15.08.2019. Die sog. „Dr. Ed“ Regelung sah vor, dass eine Abgabe von Arzneimitteln, die zur Anwendung beim Menschen bestimmt sind, nicht erfolgen darf, wenn vor der ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung offenkundig kein direkter Kontakt zwischen dem Verschreiber und dem Patienten stattgefunden hat. Diese Regelung wurde dann wieder aufgehoben. Die jetzige Entwicklung zeigt, dass das damalige Verbot dem Grunde nach richtig war.
Erweiterung des § 17 Abs. 2 b ApBetrO um weitere Wirkstoffe/Indikationen und Sicherstellung, dass dies auch von ausländischen Versandapotheken eingehalten wir
Bei bestimmten Wirkstoffen und Wirkstoffgruppen besteht ein erhöhtes Missbrauchspotenzial. Um den Missbrauch einzudämmen, sollte in diesem Fall ein Versandverbot, so wie es schon für bestimmte Wirkstoffe vorgesehen ist, eingeführt werden. Eine Einschränkung der flächendeckenden Versorgung mit Arzneimitteln ist hierdurch nicht zu befürchten, da weiterhin über die niedergelassenen Apotheken die Möglichkeit besteht, Patienten in ihrem Umfeld im Wege des Botendienstes beliefern zu können. Da der Botendienst inzwischen Regelleistung ist, können immobile Patienten ohne weiteres versorgt werden.
Hochstufung der Ordnungswidrigkeiten des § 15 HWG zu Strafvorschriften
Die Verstöße, die regelmäßig festgestellt werden, stellen zugleich Ordnungswidrigkeiten dar. Es besteht jedoch keine effektive Möglichkeit, diese Ordnungswidrigkeiten insbesondere dann durchsetzen, wenn es sich um internationale Anbieter handelt, da es an den entsprechenden Zuständigkeiten fehlt. Dies kann dadurch verbessert werden, insoweit die Tatbestände als Strafvorschriften auszugestalten.
Damit werden auch Wertungswidersprüche des geltenden Rechtes beseitigt. Es ist schwer nachvollziehbar, dass die irreführende und sonstige unlautere Werbung für Arzneimittel lediglich eine Ordnungswidrigkeit darstellt, während – parallel – gem. § 59 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. § 11 Abs. 1 LFGB die irreführende Werbung für Lebensmittel als Straftatbestände ausgestaltet sind. Dieser Wertungswiderspruch muss im Sinne einer einheitlichen strafrechtlichen Ahndungsmöglichkeit ausgeglichen werden. Zudem besteht dann die Möglichkeit, von den weitreichenden Einziehungsmöglichkeiten nach § 73 c StGB in diesem Bereich Gebrauch zu machen, was aufgrund der hohen Profite der Plattformen interessengerecht erscheint.
Einräumung von Befugnissen an die Bundesnetzagentur zur Abschaltung von rechtswidrigen Plattformen im Gesundheitswesen
Eines der größten Schwierigkeiten ist aktuell das Vollzugsdefizit, insbesondere dann, wenn Plattformen im Ausland sitzen. Auch wenn die Rechtsverstöße festgestellt werden, besteht keine Handhabe gegen die Plattform als solche. Im Interesse eines hohen Verbraucherschutzniveaus sollte die Bundesnetzagentur auch in diesem Bereich, wie es im Bereich anderer Straftaten möglich ist, ermächtigt werden, derartige Plattformen abzuschalten. Für die Betreiber der Plattform besteht dann die Möglichkeit, auf dem Verwaltungsrechtsweg dies mit der Bundesnetzagentur zu klären. Effektiver Rechtsschutz ist somit gewährleistet. Bei der Abwägung der Verbraucherinteressen einerseits sowie den Interessen der Plattformbetreiber scheint dies ein zielführender Weg zu sein.
Registrierungspflicht für Plattformen zur Vermittlung gesundheitsbezogener Dienstleistungen
Während bei Versandhandelsapotheken durch das einheitliche DIMDI-Logo den Verbrauchern eine gewisse Gewährleistung gegeben wird, dass es sich um kontrollierte Betriebe handelt, besteht mit Blick auf derartige Vermittlungsplattformen von ärztlichen Dienstleistungen keinerlei Kontrolle. Insoweit ist entsprechend den Regelungen zur Registrierung von Versandapotheken ein Siegel zu schaffen, für das sich die Plattformen registrieren lassen müssen. Die Erteilung des Siegels kann dann von der Einhaltung der anerkannten fachlichen Standards abhängig gemacht werden.
Nur durch gezielte gesetzgeberische Maßnahmen und einen effektiven Vollzug der Gesetze kann umfassender Patientenschutz gewährleistet werden. Gleichzeitig ist die Etablierung und Durchsetzung von Standards unerlässlich, um Transparenz zu schaffen und das Vertrauen der Allgemeinheit in die Digitalisierung zu stärken und zu erhalten.
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