Sie haben im Moment keinen Zugriff auf den internen Bereich. Bitte loggen Sie sich ein!

Ein Jahr nach Flut: Apotheker ohne Grenzen hat viel erreicht und hilft weiter

Die gemeinnützige Organisation setzte mit den erhaltenen Spendengeldern bei der mangelnden medizinischen Versorgung an. Der Verein richtete eine Personalvermittlungsplattform ein, bei der sich betroffene Apotheken melden konnten, um mit pharmazeutischen Personal unterstützt zu werden. Nach der anfänglichen Nothilfe wurde schnell klar, dass die pharmazeutische Unterstützung der Bevölkerung vor Ort langfristig gedacht werden muss. Der Wiederaufbau von insgesamt 65 zerstörten Apotheken in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen war nicht in kurzer Zeit zu gewährleisten und ist bis heute lange noch nicht abgeschlossen.

„Ich erinnere mich noch an die Gefühle, als ich die Nachrichten von der Flutkatastrophe gesehen habe. Da war Schock, Sorge und Mitgefühl mit den Betroffenen. So viel zerstört, so viel zu tun.“ – Dr. Petra Nolte, 2. Vorsitzende und Koordinatorin der Nothilfe von Apotheker ohne Grenzen Deutschland e.V. (AoG) erinnert sich an die Anfänge der Soforthilfe kurz nach der Flutkatastrophe: „Mir war klar, dass bei dem Ausmaß der Zerstörung lange Hilfe benötigt wird“.

Dr. Petra Nolte und Alexandra Geiser vor Ort im Container in Rech
1
Dr. Petra Nolte und Alexandra Geiser vor Ort im Container in Rech

Im Juli 2021 wurde Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz von einem schweren Unwetter getroffen. Vor allem das Ahrtal war von der Katastrophe sehr betroffen. Insgesamt starben 184 Menschen unmittelbar oder an Folgen einer aus den heftigen Regenfällen resultierenden Jahrhundertflut. Die Bilder aus dem Katastrophengebiet waren erschreckend: reißende Wassermassen flossen durch die Straßen und rissen Autos, Häuser und Brücken mit sich. Zurück blieb eine zerstörte Infrastruktur und überschwemmte Gebäude. Die Verzweiflung über das Ausmaß der Zerstörung war spürbar, viele Menschen verloren ihre Existenz.

Dank großer Anteilnahme in der deutschen Bevölkerung und einer hohen Spendenbereitschaft konnte unmittelbar nach der Katastrophe, Hilfe von allen Seiten in die Region gesandt werden. Neben der Mammutaufgabe des Aufräumens stellte die akute medizinische Versorgung der Bevölkerung und der Helfenden vor Ort eine große Herausforderung dar. Etliche Arztpraxen und Apotheken wurden durch die Flut zerstört und damit die Versorgung chronisch kranker Patient*innen erheblich eingeschränkt.

Apotheker ohne Grenzen setzte mit den erhaltenen Spendengeldern bei der mangelnden medizinischen Versorgung an. Der Verein richtete eine Personalvermittlungsplattform ein, bei der sich betroffene Apotheken melden konnten, um mit pharmazeutischen Personal aus den Reihen der AoG-Mitglieder*innen unterstützt zu werden. In Zusammenarbeit mit Armut und Gesundheit e.V. wurden Hygiene-Sets an die Bevölkerung verteilt, denn neben den verheerenden Folgen der Flut durfte auch das Corona-Infektionsgeschehen nicht außer Acht gelassen werden. Auch die ersten AoG-Einsatzkräfte wurden innerhalb der ersten Tage in das Katastrophengebiet geschickt. Die Hauptaufgabe bestand darin, zu eruieren, wo pharmazeutische Hilfe am dringendsten gebraucht wurde. Dazu wurden dringend benötigte Arzneimittel und Hilfsmittel beschafft und ins Krisengebiet gebracht. Im Sanitätslager des Verwaltungsstabs Ahr wurden unzählige Arzneimittelspenden und gekaufte Arzneimittel durch AoG-Einsatzkräfte sortiert, kategorisiert und nach Auflösung des Lagers sinnvoll weitergegeben.

Langfristige Hilfe für die Menschen

Nach der anfänglichen Nothilfe wurde schnell klar, dass die pharmazeutische Unterstützung der Bevölkerung vor Ort langfristig gedacht werden muss. Der Wiederaufbau von insgesamt 65 zerstörten Apotheken in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen war nicht in kurzer Zeit zu gewährleisten und ist bis heute lange noch nicht abgeschlossen. Für eine Übergangszeit musste Platz für schnellere Lösungen geschaffen werden. Apotheker ohne Grenzen stellte zusammen mit dem Deutschen Medikamentenhilfswerk action medeor e.V. eine Containeranlage der Gemeinde Kalenborn zur Verfügung, die eine Apotheke und eine Arztpraxis beherbergt. Die dortige Apotheke sichert die pharmazeutische Versorgung im Umkreis von etwa 20 km. In einem weiteren Container in Rech - organisiert und finanziert von Apotheker ohne Grenzen und action medeor - wird unter anderem psychosoziale Betreuung für die traumatisierte Bevölkerung angeboten. Auch befindet sich dort das Bürgerbüro. Ein weiterer Container wurde der Sozialstation der Verbandsgemeinde Adenau-Altenahr in Hönningen zur Verfügung gestellt. Dieser beherbergt neben Büroräumen für die Pflegekräfte auch einen Schulungscontainer um Pflegeschüler*innen und pflegende Angehörige zu schulen und auszubilden.

Die Wassermassen hinterlassen ein Bild der Verwüstung
1
Die Wassermassen hinterlassen ein Bild der Verwüstung

Darüber hinaus gab und gibt es weitere „Klein-Projekte“ wie die Unterstützung der Feuerwehr Mayschoss mit einem Notfallrucksack, oder der Feuerwehr Rech mit einem Defibrillator. Betroffene Apotheken wurden und werden weiterhin beim Wiederaufbau unterstützt.

Die vom Hochwasser betroffenen Regionen befinden sich noch immer im Wiederaufbau, weshalb Apotheker ohne Grenzen weitere Möglichkeiten der Unterstützung eruiert und regelmäßig vor Ort ist. Vor allem der regelmäßige Austausch mit Apotheker*innen, den Gruppierungen und den Menschen vor Ort ist dabei eine tragende Säule, um auch zukünftige Hilfe weiterhin bedarfsorientiert und zielgerichtet leisten zu können.

„Auch wenn die Katastrophe schon 1 Jahr her ist, gibt es noch sehr viel zu tun und Apotheker ohne Grenzen wird noch lange beim Wiederaufbau unterstützen und für die Menschen da sein.“, so Dr. Petra Nolte.

Informationen über Apotheker ohne Grenzen

Apotheker ohne Grenzen Deutschland e.V. (AoG) ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in München und gehört zu dem weltweiten Netzwerk von „Pharmaciens sans Frontières“. Seit der Gründung im Jahr 2000 setzt sich Apotheker ohne Grenzen für eine nachhaltige Verbesserung von Gesundheitsstrukturen von Menschen des globalen Südens ein. AoG leistet schnelle und flexible pharmazeutische Nothilfe nach Katastrophen und unterstützt in langfristigen Projekten lokale sowie internationale Partner mit der Beschaffung von lebenswichtigen Medikamenten und pharmazeutischem Knowhow.

Mit über 2.400 Mitgliedern engagiert sich der Verein in drei nationalen Projekten in Berlin, Mainz und Frankfurt und die fünfzehn, deutschlandweiten Regionalgruppen organisieren mehrmals im Jahr Infoveranstaltungen, Charity Events und Vorträge. Apotheker ohne Grenzen schult zudem pharmazeutisches Fachpersonal in den jeweiligen Projektländern und führt im Inland Einsatzkräfteschulungen durch, um deutsche Apotheker*innen und Pharmaziestudierende auf einen ehrenamtlichen Einsatz vorzubereiten.