von Lisa Schlegel, Apothekerin Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e. V., Eschborn (Stand: 05/2017)
Für die Einarbeitung von Wirkstoffen in halbfeste Grundlagen haben elektrische Herstellungssysteme seit Längerem große Bedeutung. Die Auswertung der Rezeptur-Ringversuche zeigt, dass das Arbeiten mit elektrischen Herstellungssystemen nicht unproblematisch ist. Es ist jedoch wichtig hervorzuheben, dass bei Berücksichtigung der Herstellerempfehlungen für Einwaage und Rührparameter prinzipiell bessere Ergebnisse in Bezug auf die Wirkstoffverteilung erzielt werden als bei unkritischer Verwendung, ohne die Vorgaben in den Gerätehandbüchern zu beachten. Rezepturen, die klassisch mit Fantaschale und Pistill hergestellt werden, zeigen in den Ringversuchen zumeist eine sehr gute Wirkstoffverteilung.
Vor- und Nachteile
Elektrische Herstellungssysteme können eine große Hilfestellung in der Rezeptur sein und das Zeitmanagement verbessern. Auch unter hygienischen Aspekten und aus Sicht des Arbeitsschutzes bieten sie Vorteile im Vergleich zu einem offenen System aufgrund der kürzeren Exposition gegenüber den in der Rezeptur verwendeten Gefahrstoffen. Gerade die aktuellsten Modelle elektrischer Herstellungssysteme bieten durch vorgefertigte Rührprogramme, Speicherfunktionen und elektronische Dokumentation der Arbeitsschritte gute Möglichkeiten zur Standardisierung und Reproduzierbarkeit der Herstellungsvorgänge. Unabdingbare Voraussetzung für den Erhalt von Arzneimitteln hoher Qualität sind Überlegungen zur Grundlagenbeschaffenheit, zur Partikelgröße des Wirkstoffs, zur Wirkstofflöslichkeit und zu möglichen Problemen durch entstehende Prozesswärme, um so die für die individuelle Rezeptur geeigneten Rührparameter zu bestimmen. Am Ende des Herstellungsprozesses steht die visuelle Kontrolle zur Beurteilung der Rezepturqualität.
Übersicht über die verfügbaren Geräte und Mischwerkzeuge
Zur Auswahl für die Apotheke stehen die TOPITEC® Geräte der
Firma WEPA APOTHEKENBEDARF GmbH & Co KG, Hillscheid,
und die gako unguator Rührsysteme der Gako Konietzko
GmbH, Bamberg.
Beide Firmen bieten (s. Übersichtstabellen) sowohl halbautomatische Basisausführungen an, die eine manuelle Auf- und Ab-Bewegung der Rühreinheit erfordern, als auch vollautomatische Systeme, die in den jeweils neuesten Modellen bereits vorgefertigte Rühreinstellungen für unterschiedliche Zubereitungen bieten.
TOPITEC®-Geräte der Firma WEPA APOTHEKENBEDARF GmbH & Co KG
Gerät | Hubführung | Drehzahlregelung | Zeiteinstellung |
TOPITEC®BASIC | manuell | elektronisch geregelt, stufenlos, Stufenanzeige 1 - 6 zur Orientierung; von < 650 - 3.000 UpM |
manuell über Kurzzeitmesser (Stoppuhr) |
TOPITEC®AUTOMATIC | automatisch | elektronisch geregelt, in Stufen einstellbar, von 300 - 4.000 UpM |
elektronisch |
TOPITEC®TOUCH | automatisch | elektronisch geregelt; in Stufen einstellbar; von 300 - 4.000 UpM; Programmwahl, hin- terlegte Einstellungen |
elektronisch |
TOPITEC®EXPERT | automatisch |
elektronisch geregelt, |
elektronisch |
gako unguator Geräte der Firma Gako Konietzko GmbH
Gerät | Hubführung | Drehzahlregelung | Zeiteinstellung |
gako unguator BASIC | manuell |
10 Rührstufen wählbar; |
0 - 99:55 min |
gako unguator EMP | automatisch | 10 Rührstufen wählbar; 300 - 2.400 UpM |
0 - 99:55 min |
gako unguator PRO | automatisch | programmgesteuert oder 10 Rührstufen wählbar; 300 - 2.400 UpM |
programmgesteuert |
Für die TOPITEC®-Geräte ist das Rührwerkzeug eine Mischscheibe aus Polyoxymethylen (POM), die in verschiedenen Größen in Abhängigkeit des Nennvolumens der verwendeten Drehdosierkruke zur Verfügung steht. Die Mischscheibe wird durch eine Bewegung des Drehrades am Schaft der Werkzeugwelle mit Titannitrit (TiN)-Beschichtung arretiert. Für das Arbeiten in einem Spezialgefäß, der Defekturdose, gibt es außerdem ein größeres, sonnenartiges Mischwerkzeug aus Edelstahl.
Bei den gako unguator Geräten gibt es für alle gako unguator Krukengrößen die gako unguator Standardflügelrührer (SFR) mit einem festen Rührkopf aus POM. Durch die breite Auflagefläche der Flügel ermöglicht dieser das Anreiben in der Kruke und ist deshalb gerade für Suspensionssalben mit einem Wirkstoffanteil < 2 Prozent vorgesehen.
Weitere von der Gako Konietzko GmbH genannte Vorzüge sind die intensive horizontale und vertikale Durchmischung der Zubereitung durch die spezielle Konstruktion, das Zerstören von Agglomeraten an der Krukeninnenwand durch die breite Auflagefläche der Flügel sowie die Wiederverwendbarkeit des SFR.
Alternativ hierzu gibt es die gako unguator Einwegrührer (EWR), die jeweils aus einem Schaft und austauschbaren Einwegrührern aus weißem Polyamid bestehen. Die Einwegrührer werden vor dem Rührvorgang mittels Linksdreh und leichtem Druck mit dem Schaft des EWR verbunden und nach dem Rührvorgang mittels Rechtsdreh wieder getrennt. Die gako unguator EWR sind vor allem für die Herstellung von Emulsionen, Gelen und Mischungen von halbfesten Zubereitungen geeignet und für die Größen von 15 – 20 ml bis 200 ml einzusetzen. Für den EWR werden als Vorteile der dreimal häufigere Materialkontakt in der Rezeptur im Vergleich mit dem SFR bei gleicher Drehzahl des Rührmotors sowie eine intensivere Materialverteilung und damit das schnellere Erreichen einer guten Produktqualität genannt.
Sowohl die TOPITEC®-Mischscheiben als auch die gako unguator EWR können nach Beendigung des Rührvorgangs entweder verworfen oder in der Rezeptur belassen werden. Die TOPITEC®-Werkzeugwelle bzw. der gako unguator Rührschaft oder SFR müssen gereinigt werden. Hierzu empfehlen sich lauwarmes Wasser und ein weiches Tuch oder zum Beispiel das TOPITEC®-Werkzeug-wellenbad, das mit einer Alkohol-Wasser Mischung gefüllt wird. Die gako unguator Utensilien können alternativ auch in der Spülmaschine gereinigt und sollen vor Gebrauch stets desinfiziert werden.
Auswahl der Wirkstoffart und Einwiegetechnik
Bei den elektrischen Herstellungssystemen handelt es sich um reine Misch-geräte, eine Zerkleinerung des Wirkstoffs erfolgt nicht. Deshalb sollten nur entsprechend fein gepulverte bzw. mikronisierte Wirkstoffe verwendet werden, um den Anforderungen an die Partikelgröße gerecht zu werden. Anreibe-hilfsmittel wie beispielsweise mittelkettige Triglyceride entfallen normalerweise beim Arbeiten mit elektrischen Herstellungssystemen. Gerade für niedrig dosierte Wirkstoffe empfiehlt sich der Einsatz von festen oder halbfesten Rezepturkonzentraten. Dadurch wird nicht nur die Einwaagegenauigkeit erhöht, sondern auch das homogene Verteilen in der Grundlage erleichtert.
Für das Einwiegen gilt der Grundsatz, dass der Wirkstoff keinen direkten Kontakt zum Mischwerkzeug haben sollte, sondern vor dem Rührvorgang von allen Seiten mit Grundlage bedeckt wird.
WEPA empfiehlt die geschichtete Einwaage im sogenannten „Sandwich-Verfahren“. Hierzu wird etwa die Hälfte der Rezeptur-Grundlage in die Kruke eingewogen und gleichmäßig glatt gestrichen. Bei einem Wirkstoffanteil < 1 Prozent soll der Wirkstoff nun ringförmig zum Krukenrand versetzt eingefüllt werden. Bei einem großen Wirkstoffanteil kann das Pulver auf der gesamten Oberfläche der Grundlage gleichmäßig verteilt werden, da der Randbereich nicht ausreichend Platz bietet. Danach wird die verbleibende Menge der Grundlage ergänzt. Auch zur Herstellung von Suspensionssalben reicht die Einwaage im Sandwich-Verfahren aus, in der Regel ist kein separater Anreibevorgang notwendig. Flüssige Bestandteile sollen zum Schluss eingewogen werden.
Vergleichbar dazu empfiehlt gako für Suspensionssalben mit weniger als 2 Prozent Wirkstoffanteil eine bodendeckende Vorlage von ca. 30 Prozent Grundlage, in welcher der Wirkstoff seitlich versetzt eingebettet wird. Der Anreibevorgang wird mit dem Standardflügelrührer (SFR) durchgeführt. Dieser zerstört durch seine breite Auflagefläche in Verbindung mit der Kruken-innenwand vorhandene Agglomerate. Nach dem Anreibevorgang werden die restlichen Bestandteile dazugegeben und der Rührvorgang vollendet. Für Suspensionssalben mit einem Wirkstoffanteil > 2 Prozent wird von gako ebenfalls die Einwaage im Sandwich-Prinzip empfohlen. Nach bodendeckender Vorlage der Hälfte der Grundlage wird hier der Wirkstoff mittig platziert. Die Verwendung des Standardfügelruührers ist auch hier dringend empfohlen. Bei Emulsionen erfolgt das gleiche Einwaageprinzip. Allerdings werden hierfür bis zu einer Krukengröße von 200 ml die Einwegrührer (EWR) empfohlen. Bei einem großen Flüssigkeitsanteil soll zuerst die Salbengrundlage komplett vorgelegt und am Krukenboden sorgfältig um die Dichtungslippe gestrichen werden, um die Dichtheit der Kruke zu unterstützen.
Beim Zusammensetzen der jeweiligen Rühreinheit ist darauf zu achten, dass enthaltene Luftpolster vor dem Rührvorgang aus der Kruke entfernt werden, um die Lufteinarbeitung und eine damit verbundene Volumenvergrößerung sowie Stabilitätsprobleme durch oxidative Prozesse weitgehend zu vermeiden. Generell ist in den TOPITEC®-Kruken (20 g – 200 g) mit allen TOPITEC®-Mischsystemen (BASIC, AUTOMATIC, TOUCH) ein luftarmes Mischen der Rezepturen möglich.
Mit der richtigen Einstellung ans Ziel
Die größte Herausforderung neben einer korrekten Einwaage stellt die Auswahl geeigneter Rührparameter dar. Für jede Rezeptur muss individuell die richtige Umdrehungsgeschwindigkeit und Rührdauer bzw. das richtige Rührprogramm gewählt werden. Hierbei sollte immer auf die Empfehlungen der Hersteller in den Handbüchern und auf den Homepages zurückgegriffen werden.
Ausführliche Hinweise und Tipps zur Auswahl und richtigen Einstellung der Rührparameter der beiden Hersteller WEPA und gako finden Sie hier.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Nach Beendigung des Rührvorgangs ist unbedingt eine visuelle In-Prozesskontrolle anzuraten und gemäß Apothekenbetriebsordnung vorgeschrieben. Nach vorsichtigem Öffnen der Kruke kann eine sehr kleine Menge der Zubereitung entnommen und zum Beispiel dünn auf einer Glasplatte zum Prüfen auf homogenes Aussehen ausgestrichen werden. Für die Entnahme empfiehlt sich ein desinfizierter Spatel.
Inkompatibilitäten müssen durch den vorangegangenen Plausibilitätscheck verhindert werden, da sie durch das Arbeiten mit elektrischen Herstellungs-systemen kaschiert werden können und nicht immer direkt ersichtlich sind. Mitunter werden betroffene Cremes durch die mechanische Energie des Rührvorgangs kurzzeitig physikalisch stabilisiert und erscheinen in der In-Prozesskontrolle zunächst unauffällig.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei sorgfältiger Herangehensweise und Nutzung der vielfältigen, auf den Internetseiten der Herstellerfirmen bereitgestellten Unterlagen mit elektrischen Herstellungssystemen qualitativ gute Ergebnisse erzielt werden können und sie gerade für Apotheken mit hohem Rezepturaufkommen eine lohnende Anschaffung darstellen.
Wir danken der Apothekerkammer Niedersachsen für die Möglichkeit, diesen Artikel in unseren Medien publizieren zu können sowie den Firmen Gako Konietzko GmbH und WEPA Apothekenbedarf GmbH & Co KG für die Aktualisierung (Stand: 05/2017).
Literaturtipp
Literaturtipp: DAZ 09 / 2017, S. 62 – 72
„Gerührt und nicht …“
Beitrag von Kirsten Seidel über die automatischen Rührsysteme
Topitec® und Unguator® im Vergleich