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Inkompatibilitäten

nach einem Vortrag von Dr. Julia Potschadel im Rahmen der begleitenden Unterrichtsveranstaltungen der Apothekerkammer Nordrhein für Pharmazeuten im Praktikum im Frühjahr 2015

 

Inkompatibilitäten sind Unverträglichkeiten zwischen zwei oder mehr Bestandteilen eines Rezepturarzneimittels. Sie können zwischen Wirk- und Hilfsstoffen, aber auch als Wechselwirkung von Wirk- und/oder Hilfsstoffen mit dem Primärpackmittel auftreten.

Es werden

  • manifeste Inkompatibilitäten (sofort erkennbar) und
  • larvierte Inkompatibilitäten (versteckt, nicht sofort erkennbar)

unterschieden.

 

Vermeiden von Inkompatibilitäten

  1. Kationische Stoffe nicht mit anionischen Stoffen kombinieren
  2. Phenolische oder grenzflächenaktive Stoffe nicht mit nichtionischen PEG-haltigen Hilfsstoffen oder Celluloseethergelen kombinieren
  3. Grenzflächenaktive Stoffe nicht mit wasserhaltigen, lipophilen Cremes (W/O) kombinieren
  4. Salben und Cremes nur mit identischen Systemtypen mischen

 

Galenisches Profil standardisierter Dermatikagrundlagen
(NRF-Tabellen für die Rezeptur)

Hinweis: für die Nutzung des Direktlinks bitte zuvor auf www.dac-nrf.de einloggen, ansonsten: www.dac-nrf.de > Tabellen für die Rezeptur > Galenisches Profil standardisierter Dermatikagrundlagen)


Begünstigende Faktoren für Inkompatibilitäten

  • hohe Anzahl von Bestandteilen
  • geringe Stabilität einzelner Bestandteile
  • hohe Anzahl funktioneller Gruppen
  • ionische Substanzen
  • Wassergehalt


Die häufigsten Ursachen von Inkompatibilitäten

  • Instabilitäten und Zersetzung (u.a. durch pH-Verschiebung)
  • Reaktionen zwischen Kationen und Anionen (bei Dissoziation in Wasser)
  • phenolische Stoffe mit Hydrogelbildnern vom Cellulosetyp
  • phenolische Stoffe mit nichtionischen Emulgatoren vom PEG-Typ
  • grenzflächenaktive Stoffe mit lipophilen Cremes (=hydrophobe Cremes) 
  • grenzflächenaktive Stoffe mit nichtionischen Emulgatoren vom PEG-Typ (bei höherem Wassergehalt)
  • Kombination unterschiedlicher Grundlagentypen vermeiden, also nur gleiche Vehikeltypen (Phasenlagen) mischen


Galenisches Profil standardisierter Dermatikagrundlagen (NRF-Tabellen für die Rezeptur)


Der Einfluss des pH-Wertes

  • relevant nur in wasserhaltigen Zubereitungen
  • der pH-Wert entscheidet, ob der Wirkstoff in der
    wirksamen Form vorliegt (geladen oder frei)
    (Wirkstoffe und Konservierungsmittel liegen oft als
    Säuren oder Basen vor)
  • der pH-Wert beeinflusst zudem die chemische Stabilität (Hydrolyse von Estern oder Amiden)

Konsequenzen:

  • grundsätzliche Überprüfung des pH-Wertes
  • Einstellen des pH-Optimums mit Citronensäure (= pH-Absenkung) oder Trometamol (pH-Anhebung)
  • Pufferzusatz bei pH-Optimum im schwach sauren Bereich
  • evtl. Vorkonservierung der Salbengrundlage beachten
  • im Fall von Wirkstoffen mit unterschiedlichen rezeptierbaren pH-Bereichen sollte eine Schnittmenge von 1,5 pH-Einheiten oder mehr bezüglich des pH-Optimums bestehen
  • Haltbarkeit bei Bedarf verkürzen


Kation-Anion-Wechselwirkung

Durch eine Wechselwirkung zwischen Kationen und Anionen bilden sich Salze, die i. d. R. eine schlechtere Löslichkeit als die Ausgangsstoffe zeigen. Dadurch es kommt zu Ausfällungen und einem Wirkungsverlust.

Achtung: Auch Hilfsstoffe können ionisch sein und müssen auf Kompatibilität geprüft werden (z.B. Wasserhaltige Hydrophile Salbe. die jetzt nach dem neuen DAB 2015 in Anionische Hydrophile Creme umbenannt worden ist).

Konsequenzen:

  • Anionen und Kationen dürfen im wässrigen Medium niemals aufeinander treffen
    • einer der ionischen Stoffe muss ausgetauscht werden
    • oder getrennte Zubereitung mit alternierender Anwendung
  • Regel: kationische Wirkstoffe + nichtionische O/W-Cremes,
    kationische Wirkstoffe + nichtionische Hydrogele
  • Phasenlage muss erhalten bleiben

 

nichtionische Salbengrundlagen Gängige Beispiele
Hydrophobe Salben (Kohlenwasserstoffgele) Vaseline, weiß und gelb Ph. Eur.,
Einfache Augensalbe DAC
Lipophile Gele (Oleogele) Hydrophobes Basisgel DAC
Wasseraufnehmende Salben vom W/O-Typ
(W/O-Absorptionssalben)

Wollwachsalkoholsalbe DAB
Emulgierendes hydrophobes Basisgel DAC
Emulgierende Augensalbe (NRF 15.20.)

 Lipophile Cremes (W/O-Cremes)

Weiche Salbe (Ungt. Molle) DAC
Lanolin DAB
Wasserhaltige Wollwachsalkoholsalbe DAB (Eucerin)
Hydrophobe Basiscreme DAC (NRF S.41.)

 Amphiphile Creme Basiscreme DAC
Wasseraufnehmende Salben vom O/W-Typ (O/W-Absorpitonssalben)  Unguentum Cordes
Hydrophile Cremes (O/W-Cremes) Nichtionische Hydrophile Creme DAB
Nichtionische Hydrophile Creme SR DAC (NRF S.26.)
Nichtionisches Wasserhaltiges Liniment DAC (NRF S.39.)
Hydrophile Lotion (O/W-Lotion) Hydrophile Basisemulsion DAC (NRF S.25.) (Hydrophile Hautemulsionsgrundlage)
Hydrophiles Gel  Hydroxyethylcellulosegel DAB

 

Phenolische Stoffe, nichtionische Tenside (PEG-Typ) oder Celluloseether

Die Hydroxylgruppe des Phenols geht elektrostatische Wechselwirkungen mit Estern ein. Dadurch kommt es zu einem Wirkverlust durch

  • Brechen der Emulsion (macrogolhaltige Emulgatoren)
  • Verflüssigung von Hydrogelen (Celluloseether als Gelbildner)

Konsequenzen:

  • bei Kombination von Cellulosegel mit phenolischem Stoff Austausch der Gelgrundlage gegen Carmellose- oder Carbomerhaltige Gelgrundlagen
  • für W/O-Cremes
    • phenolische Wirkstoffe + anionische Emulgatoren
    • phenolische Wirkstoffe + neutrale Emulgatoren (macrogolfrei)
  • für Hydrogele
    • phenolische Wirkstoffe + anionische Hydrogelbildner
    • phenolische Wirkstoffe + neutrale Hydrogelbildner
      (ohne Etherbrücken)

 Mizellen- und Mischmizellenbildung

Mögliche Wechselwirkungen:

  • Solubilisation = Einschließen phenolischer Substanzen in Mizellen (wässrigen Lösungen)
  • Mischmizellbildung mit grenzflächenaktiven Wirkstoffen


Folgen von Mischmizellen:

  • Wirkverminderung oder Wirkverlust
  • Konservierungsmittel (Parabene) können so der
    wässrigen Phase entzogen werden (mikrobielle
    Instabilität)!
  • Funktionsverlust des Emulgators/ Gelbildners


Problemlösung:

  • Verwendung wasserfreier Grundlagen oder
  • Wollwachsalkoholsalbe mit Wassergehalt < 20 %
  • oder anionische, hydrophile Cremes
    (mit anionischen Emulgatoren)

Bitte beachten: Ein Austausch der Grundlage ist in diesen Fällen auf jeden Fall rücksprachepflichtig, also mit dem verschreibenden Arzt abzustimmen!


Kombination von Salbengrundlagen

Mögliche Probleme beim Mischen verschiedener Vehikelsysteme:

  • Brechen der Creme (Emulgatoren stören sich)
  • Phasenumkehr (Bancroft´sche Regel)
  • inhomogene Wirkstoffverteilung durch Umlagerung der
    dispersen Phase
  • fehlende Anpassung an den Hauttyp


Das Mischen von O/W- und W/O-Systemen ist galenisch und therapeutisch nicht sinnvoll, da sie für unterschiedlich beschaffene Hautareale geeignet sind.

Nach § 7 ApBetrO handelt es sich hier um eine Unklarheit, die vor der Herstellung zu beseitigen ist.

Vehikelwahl nach Erkrankung Vehikelwahl nach Hauttyp
akutes Stadium:

hydrophil, wärmeziehend und austrocknend

  • hydrophile Emulsion
  • feuchter Umschlag
  • Schüttelmixtur
Seborrhoische Haut:
  • hydrophile Cremes und Emulsionen (O/W)
  • Schüttelmixturen
  • Hydrogele
  • alkoholische Lösungen/ Tinkturen

 

subakutes bis chronisches Stadium:

hydrophob mit Okklusionseffekt und Tiefenwirkung

  • lipophile Emulsion (W/O)
  • Salben, Oleogele
Sebostatische Haut
  • lipophile Cremes und Lotionen (W/O)
  • wasseraufnehmende und hydrophobe Salben
  • Pasten und Ölbäder



Literaturtipps zum Thema Inkompatibilitäten



Links


Ansprechpartner

Dr. Sabine Viefhues

Pharmazeutisches und Publikationen

Tel.: 0211 83 88 - 183

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